Südtirols Unternehmen beklagen den großen Fachkräftemangel. Die Gründe dafür sind vielfältig. Eine wesentliche Rolle spielt der schwierige Wohnungsmarkt im Land. Ein Gespräch mit Personalvermittler Hannes Mair und Immobilienentwickler Hans Martin Pohl.

Südtirol bietet viel. Auch spannende Arbeitsplätze in erfolgreichen und international tätigen Unternehmen. Dennoch tun sich diese schwer, gute bzw. qualifizierte Arbeitskräfte zu bekommen und zu halten. Können Sie das bestätigen, Herr Mair?

Hannes Mair: Ja, das ist so. Der Südtiroler Arbeitsmarkt ist gerade für hochqualifizierte Arbeitnehmer wenig interessant, denn die Lebenshaltungskosten in Südtirol sind hoch, aber die Gehälter im Verhältnis niedrig. Viele gut ausgebildete Südtiroler, die vor allem noch jung, mobil und flexibel sind, gehen deshalb für einen guten Job ins Ausland. Um es bildlich auszudrücken: Südtirol ist ein kleiner Teich, aber es gibt immer mehr Fischer und immer weniger Fische. Große Unternehmen, die international tätig sind, müssen notgedrungen auf qualifizierte Arbeitskräfte aus dem Ausland zurückgreifen. Aber diese muss man erst einmal hierherbringen und halten. Sie kommen nur, wenn auch die Umstände für sie passen. Dazu zählen eben nicht nur der gute Arbeitsvertrag oder das gute Gehalt. Es geht um weit mehr, um soziale Strukturen, um persönliche Bedürfnisse. Manche von ihnen haben bereits Familie, andere brauchen schnell eine flexible Unterkunft für einen kurzen Zeitraum. Das müssen Unternehmen im Blick haben.

Um es bildlich auszudrücken: Südtirol ist ein kleiner Teich, aber es gibt immer mehr Fischer und immer weniger Fische. Hannes Mair

Welche Rolle spielen denn die Themen Unterkunft, Arbeitsweg, Miete, Immobilienpreise bei der Personalvermittlung?

Mair: Als Personalvermittler geht es für mich darum, den passenden Kandidaten für ein Unternehmen zu finden. Aber genauso umgekehrt. Es muss einfach für beide Seiten stimmen, sonst ist eine Personalvermittlung nicht professionell. Deshalb ist ganz klar, dass ich bei der Auswahl von Bewerbern, die aus dem Ausland kommen, immer auch abklären muss, was ihre Beweggründe für eine Bewerbung in Südtirol sind und wie es um ihre familiäre Situation steht. Deshalb: Wenn heute eine Firma sagt, sie braucht Arbeitskräfte von außen – oder möchte gute Leute wieder ins Land zurückholen – dann muss sie sich bereits vorher darüber Gedanken machen, wie sie diese für sich gewinnen will. Es geht hier um Dinge wie Bereitstellung einer Wohnung oder Hilfe bei der Wohnungssuche oder andere organisatorische Erleichterungen. All das spielt eine große Rolle.

Es geht hier um Dinge wie Bereitstellung einer Wohnung oder Hilfe bei der Wohnungssuche oder andere organisatorische Erleichterungen. All das spielt eine große Rolle. Hannes Mair, Personalvermittler

Herr Pohl, hat denn der Immobilienmarkt in Südtirol auf diese Entwicklungen reagiert?

Hans Martin Pohl: Wir für unser Unternehmen können behaupten, dass wir die Trends am Immobilienmarkt immer genau im Blick behalten. Und diese zeigen weltweit bereits seit geraumer Zeit ganz klar in eine Richtung: Es braucht immer mehr kleinere Wohnungen und immer mehr Wohnungen auf Zeit. Der Arbeitsmarkt hat sich in den vergangenen Jahren sehr verändert, er ist heute mobiler, flexibler, digitaler. Dass sich auch am Immobilienmarkt widerspiegelt, ist klar: Gerade junge Arbeitnehmer, denken wir an wissenschaftliche Mitarbeiter, Projektarbeiter, Freelancer, aber genauso Filmteams oder hochqualifiziertes Führungspersonal internationaler Firmen, benötigen Wohnraum, der bereits voll ausgestattet ist, in kurzfristiger Zeit zur Verfügung steht und auch ganz einfach und problemlos nach kurzer Zeit wieder verlassen werden kann. In Südtirol, speziell in Bozen wo der Bedarf sicher am größten ist, kaum zu finden. Wir haben uns deshalb an ein innovatives Immobilienprojekt herangewagt, das die Antwort auf dieses Wohnungsproblem bietet.

Es braucht immer mehr kleinere Wohnungen und immer mehr Wohnungen auf Zeit. Hans Martin Pohl

Eine Immobilie als Antwort auf den Fachkräftemangel. Wie sieht das aus?

Pohl: Richtig. Es geht hier um eine zukunftsweisende Wohnanlage in Bozen Süd, ein moderner Wohn-Campus, um genau zu sein. Wir haben uns gemeinsam mit Planern und Architekten ein völlig neues Wohnkonzept für eine besondere Lage zwischen der Wirtschaftszone Bozen Süd und dem landwirtschaftlichen Grün überlegt. Unser Projekt Riel – Il fienile ist genau auf den Wohnungsbedarf der dort angesiedelten Unternehmen bzw. der dort tätigen Arbeitnehmer abgestimmt. Das Herzstück des Konzepts lautet „smarten Wohnraum für smarte Ansprüche“ und zieht sich durch das gesamte Immobilienprojekt. Hier geht es um weit mehr, als um eine moderne Wohnanlage. Die künftigen Bewohner von Riel – Il fienile bekommen zur Wohnung noch viele Extras dazu: Begrünte Gemeinschaftsflächen mit Grillplatz, einem Fitnessparcours und einem Schwimmbad. Sogar Co-Working-Plätze im Freien sind vorgesehen, mit WLAN-Anschluss für alle. Es gibt außerdem eine Paket-Annahmestelle für Online-Bestellungen, Ladestationen für E-Fahrzeuge und dazu noch ein innovatives Zutrittssystem mit einfachen Schlüsselkarten. Und das alles in unmittelbarer Nähe zu großen Unternehmen und einer reichen Infrastruktur sowie mit besten Anbindungen an das Verkehrsnetz.

Wir haben uns gemeinsam mit Planern und Architekten ein völlig neues Wohnkonzept für eine besondere Lage zwischen der Wirtschaftszone Bozen Süd und dem landwirtschaftlichen Grün überlegt. Hans Martin Pohl

Mair: Aus meiner Sicht ein Erfolgskonzept, denn ich weiß aus eigener Erfahrung, dass viele Unternehmen in Südtirol, gerade große Unternehmen, händeringend nach solchen Wohnungen suchen. Da könnte ich genügend Beispiele aufzählen.

Viele große Unternehmen in Südtirol suchen händeringend nach flexiblen Unterkünften für ihre Mitarbeiter.

Es reicht also nicht aus, ein guter Arbeitgeber zu sein?

Pohl: Es kommt nicht von ungefähr, dass Konzerne wie Google oder Apple nicht nur zu den erfolgreichsten Unternehmen der Welt zählen, sondern auch jedes Jahr zu den attraktivsten Arbeitgebern gewählt werden. Diese Unternehmen tun wirklich alles dafür, dass sie die besten Mitarbeiter für sich gewinnen und halten können. Sie schaffen die besten Arbeitsbedingungen für ihre Mitarbeiter, eine Art Rund-um-sorglos-Paket: Wohnungen, jede Menge Freizeit- und Serviceangebote, Kindertagesstätten und vieles mehr.

Mair: Um Mitarbeiter zu binden, gehört sicher weit mehr dazu, als ein guter Arbeitsvertrag. Das müssen die meisten Südtiroler Unternehmen erst noch verstehen bzw. erst noch umsetzen. Es hilft nicht, darüber zu klagen, dass die Mitarbeitersuche immer schwieriger wird, man muss auch konkret dafür etwas tun, um als Arbeitgeber attraktiv zu sein.

Ein moderner Wohn-Campus in Bozen Süd als eine Antwort auf den Fachkräftemangel.

Zum Beispiel maßgeschneiderte Wohnungen anbieten.

Mair: Der schwierige Immobilienmarkt in Südtirol, vor allem was Mietwohnungen angeht, ist sicher ein ganz entscheidender Punkt, wenn wir uns den Fachkräftemangel vieler großer Unternehmen im Land anschauen. Es gibt nur sehr wenige Mietwohnungen und diese sind einfach nicht auf die Bedürfnisse von jungen, mobilen Fachkräften abgestimmt. Das Wohnen auf Zeit, ein sich deutlich abzeichnender Trend in der heutigen Arbeitswelt, ist hierzulande kaum bis gar nicht möglich.

Pohl: Dieses Problem haben wir erkannt. Mit maßgeschneiderten Wohnlösungen für diese Fachkräfte möchten wir dagegen steuern. Ein erstes Objekt entsteht in Bozen Süd – ein strategisch wichtiger Ort. Wir hoffen, dass das Konzept ankommt. Auf beiden Seiten: Bei Unternehmern und ihren Angestellten und Mitarbeitern.

 

STECKBRIEFE:

Hans Martin Pohl, Jahrgang 1990, CEO von Pohl Immobilien.
Er ist nach internationaler Ausbildung und Berufserfahrung 2015 in das Familienunternehmen eingestiegen und begeistert sich besonders für innovative Immobilienentwicklung.

Hannes Mair, Jahrgang 1969, seit 2005 Alleingesellschafter, Geschäftsführer und Personalberater der LOOK4U.
LOOK4U ist ein Südtiroler Unternehmen, welches sich auf die Suche und Vorauswahl von qualifizierten Mitarbeitern der mittleren/höheren Führungsebene spezialisiert hat.